Metall- und Elektrobetriebe in der Region sorgen sich angesichts hoher Energiepreise und fehlender Fachkräfte um die Zukunft

Erstellt am: 23.05.2023

Vollert: „Nicht wenige Firmen haben bei den Energiepreisen ihre Belastungsgrenze erreicht – bei Entlastungen den Mittelstand nicht vergessen“
Barta: „Politik sollte jetzt von weiteren Belastungen der Betriebe absehen – das Arbeitszeitgesetz gehört modernisiert“

Die Metall- und Elektroindustrie (M+E) in der Region Heilbronn-Franken sorgt sich zunehmend um die Zukunft des Standorts. „Wir sehen uns mit enormen Energiekosten, fehlenden Fachkräften und weiteren Belastungen, die uns die Politik aufbürdet, konfrontiert. Diese gefährliche Mixtur gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit massiv“, sagte Hans-Jörg Vollert vom Arbeitgeberverband Südwestmetall anlässlich der Mitgliederversammlung der Bezirksgruppe Heilbronn-Franken, die Vollert in seinem Amt als Vorsitzender der Bezirksgruppe bestätigt hatte.

Besonders kritisch sieht Vollert, dass Baden-Württemberg nach aktuellen Planungen mittelfristig weder ausreichend elektrische Energie beziehen wird, um zusätzliche Bedarfe für Wärmeversorgung und Verkehr zu decken, noch genügend Wasserstoff: „Wir begrüßen daher die Initiative der Landesregierung, in der Nähe der energieintensiven Schlüsselindustrien im Land Wasserstoff-Hubs aufzubauen. Wir müssen unbedingt einen Energieengpass in unserer Industrie vermeiden, die für Wohlstand und Beschäftigung eine herausragende Rolle für Baden-Württemberg hat.“

Kurzfristig müsse die Politik dafür sorgen, dass für die Wirtschaft die Energiepreise gesenkt werden, die sich auf einem vielfach höheren Niveau als vor Beginn der Energiekrise bewegten. „Nicht wenige Firmen haben bereits ihre Belastungsgrenze erreicht, die energieintensive Produktion in Deutschland ist 2022 um fast 20 Prozent eingebrochen“, sagte Vollert. Südwestmetall begrüße daher grundsätzlich die Vorschläge aus dem Bundeswirtschaftsministerium für einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis. „Ein subventionierter Energiepreis sollte aber nur eine Brückenlösung sein, bis wir wieder zu vernünftigen Energiepreisen gelangen, die mit den Regeln des Marktes über Angebot und Nachfrage gefunden werden “, sagte der Bezirksgruppen-Vorsitzende: „Wichtig ist auch der Mittelstand, bei dem die Energie einen wesentlichen Teil der Gesamtkosten ausmacht, der beim Erhalt von Subventionen jedoch oft durch komplizierte Regeln benachteiligt wird.“
Der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, Oliver Barta, formulierte zudem die Erwartung an die Politik, Bürokratie wirksam abzubauen, Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen sowie Zukunftstechnologien gezielt zu fördern: „Leider erweckt das politische Handeln teilweise immer noch den Eindruck, als sei die Zeitenwende dort noch nicht angekommen.“ Statt Wachstumsbremsen zu lösen und die Betriebe zu entlasten, sähen sich diese häufig noch mit zusätzlichen Auflagen und Belastungen konfrontiert. Als Beispiele führte er die Beitragserhöhungen und Leistungsausweitungen in der Pflege, das Lieferkettengesetz oder das geplante Bundestariftreuegesetz an.

Ein weiteres Beispiel sieht Barta in den Plänen des Bundesarbeitsministeriums, die Erfassung der Arbeitszeit künftig gesetzlich zu regeln: „Der bisher vorliegende Entwurf des Ministeriums geht über das Erforderliche hinaus und würde die Betriebe in unnötiger Weise einengen.“ Die von der Wirtschaft seit langem geforderte Modernisierung des Arbeitszeitrechts hingegen bleibe nach den bisherigen Plänen erneut auf der Strecke. „Da haben wir aber großen Handlungsbedarf bei der Verteilung der Arbeitszeit. Hier engen Vorschriften wie eine tägliche Höchstarbeitszeit und starre Ruhezeiten sowohl Betriebe ein, die global agieren, als auch Beschäftigte, die Beruf und Familie unter einen Hut bekommen müssen“, so Barta.

Modernere Arbeitsbedingungen könnten aus Sicht des Bezirksgruppen-Vorsitzenden Vollert auch dazu beitragen, die M+E-Industrie attraktiver für die dringend benötigten Arbeits- und Fachkräfte zu machen: „Aktuell sehen vier von zehn unserer Firmen ihre Produktion behindert, weil die Fachkräfte fehlen.“ Insbesondere in den für die M+E-Industrie wichtigen MINT-Bereichen und Ingenieursberufen sei der Mangel besonders gravierend. Drängend sei daher eine Ausweitung der Berufsorientierung, die in Corona-Zeiten schwer gelitten habe, so der Südwestmetall-Vertreter: „Wir begrüßen zudem die Ankündigung der Regierungsfraktionen im Land, die Studiengebühren für ausländische Studierende wieder abzuschaffen. Diese haben sich, da kein Bundesland dem Beispiel Baden-Württembergs gefolgt ist, zu einem echten Nachteil für unser Land entwickelt.“

Weitere Ansatzpunkte sieht Vollert in einer besseren Kinderbetreuung, die es mehr jungen Eltern und dabei vor allem den Frauen erlauben würde, in Vollzeit oder in einer vollzeitnahen Beschäftigung zu arbeiten: „Das ist ein großes, teilweise brachliegendes Potenzial. Die Landesregierung muss hier daher Prioritäten im Ausbau von Betreuungsangeboten setzen.“ Auch die gezielte Zuwanderung von Fachkräften könne dazu beitragen, den akuten Mangel zu lindern, sagte Vollert: „Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung ist dabei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollten auch die Verfahren zur Zuwanderung und zur Berufsanerkennung deutlich vereinfacht werden. Und auch die Engpässe in den Visa- und Antragsstellen im Ausland müssen beseitigt werden.“

 

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