Die baden-württembergische Metall- und Elektroindustrie (M+E) steckt auch zu Beginn des zweiten Halbjahrs 2024 tief im Konjunkturtal fest. Die Unternehmen beurteilen nicht nur die aktuelle Lage schlechter, auch die Erwartungen für die nächsten Monate sind erneut gesunken. „Die Talfahrt setzt sich nunmehr seit gut eineinhalb Jahren nahezu ungebremst fort“, sagte Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall: „Wir beobachten zudem, dass die konjunkturelle Flaute zunehmend von strukturellen Veränderungen und schlechten Rahmenbedingungen überlagert wird, wodurch sich die Krise verfestigt. Wir brauchen daher jetzt dringend Antworten, die den Standort stärken und die Firmen in der Transformation unterstützen – von der Politik, aber auch in der anstehenden Tarifrunde.“
Im Juni verbuchten die M+E-Firmen im Südwesten zehn Prozent weniger Aufträge als im entsprechenden Vorjahresmonat. Damit lagen die Neuaufträge in den letzten 19 Monaten mit einer Ausnahme immer im Minus. Seit Jahresbeginn beträgt der Rückstand damit knapp zehn Prozent. Ähnlich lang hält auch die Talfahrt in der Produktion an. Hier betrug das Minus im Juni 8,6 Prozent, seit Jahresbeginn stehen -10,2 Prozent in den Büchern. „Wir sind damit nicht nur meilenweit vom Niveau vor Beginn der Corona-Krise entfernt“, sagte Barta: „Wir fahren auch deutlich der globalen Industrieentwicklung hinterher – ein Beleg für die zusätzlichen Belastungen am Standort.“
Diese schlagen sich mittlerweile auch auf die Beschäftigung nieder, die bislang trotz der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung stabil geblieben war. Im Juni sind nun landes- und bundesweit die Beschäftigtenzahlen leicht gegenüber dem Vorjahresmonat zurückgegangen. „Große Firmen kündigen einen erheblichen Abbau von Arbeitsplätzen an, die Kurzarbeit nimmt Fahrt auf, Investitionen in Neugeschäft werden vermehrt im Ausland getätigt. Mehr als jedes dritte Unternehmen schreibt rote Zahlen oder eine schwarze Null, wir sehen mehr Insolvenzen“, sagte der Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer: „Das hat viel mit den Rahmenbedingungen am Standort Deutschland zu tun, die von unseren Unternehmen immer schlechter bewertet werden. Wir brauchen daher dringend Maßnahmen, die den Standort stärken und Investitionen in die Zukunft hierzulande wieder attraktiv machen.“
Die Politik müsse dabei Themenfelder wie hohe Steuern- und Abgabenlast, wettbewerbsfähige Energiepreise, Beschleunigung von Verfahren und spürbare Bürokratieentlastung angehen, aber auch verlässliche Rahmenbedingungen im strukturellen Wandel sicherstellen. „Das Hickhack um das Heizungsgesetz, das plötzliche Aus für die Förderung von Elektroautos, aber auch der mancherorts schleppende Ausbau von Ladeinfrastrukturen waren keine Beiträge dazu. Dies hat Bürger verunsichert und von Kaufentscheidungen abgehalten, und es stellt auch die massiven Investitionen der Betriebe in Zukunftstechnologien in Frage.“
Gefordert seien aber auch die Sozialpartner in der anstehenden M+E-Tarifrunde, so Barta: „Die hohen Arbeitskosten werden von unseren Firmen am häufigsten als gravierender Standortnachteil genannt. Diese Kosten noch weiter nach oben zu treiben, stärkt den Standort nicht.“ Die IG Metall habe nun jedoch eine Forderung über sieben Prozent mehr Entgelt auf den Tisch gelegt, für einfache Tätigkeiten soll es sogar noch steiler nach oben gehen. „Dies ist die dritthöchste Forderung der letzten 30 Jahre“, sagte Barta: „Sehr vielen Firmen geht es derzeit nicht gut. Zudem wollen sie eigentlich jeden verfügbaren Cent in die Zukunft investieren. Diese Unternehmen sehen nicht, woher sie das Geld für jedwede Lohnsteigerung hernehmen sollen. Aber auch für sie brauchen wir eine Lösung.“